Mehrweg statt Einweg: Wie man Kundinnen und Kunden zum Umdenken bewegt

Die Supermarktlandschaft verändert sich spürbar. Viele Betriebe haben das Thema Nachhaltigkeit längst in ihre Sortiments- und Logistikstrategie integriert. Trotzdem bleibt die Akzeptanz von Mehrwegangeboten auf Kundenseite häufig begrenzt. Vor allem im Bereich der Kunststoffverpackungen für Lebensmittel hält sich das Einwegsystem hartnäckig. Oft liegt das weniger an fehlenden Angeboten als an Gewohnheiten, Unsicherheiten oder mangelndem Vertrauen in die Alltagstauglichkeit der Alternativen. Wer langfristig auf Mehrweg umstellen will, muss daher nicht nur das Sortiment anpassen, sondern gezielt Einfluss auf die Wahrnehmung und das Verhalten der Kundinnen und Kunden nehmen. Es reicht nicht, Mehrwegoptionen zu präsentieren – man muss sie so gestalten, dass sie intuitiv, praktisch und überzeugend sind. Dafür braucht es klare Botschaften, durchdachte Systeme und eine Umgebung, die nachhaltige Entscheidungen vereinfacht. Wer das versteht, schafft eine Grundlage für tatsächlichen Wandel.

Der erste Eindruck zählt: Wie man Mehrwegsysteme sichtbar und verständlich macht

Menschen kaufen, was sie verstehen. Im Supermarkt zählt deshalb nicht nur, was angeboten wird, sondern auch, wie es präsentiert wird. Ein Mehrwegbecher im Kühlregal, der zwischen Einwegflaschen kaum auffällt, wird seltener gewählt – selbst bei identischem Preis. Sichtbarkeit bedeutet nicht nur Platzierung auf Augenhöhe, sondern auch eine klare optische Abgrenzung vom Einwegprodukt. Farbgebung, Materialanmutung und ein konsistentes Kennzeichnungssystem sind entscheidend. Das Design muss sofort erkennbar machen, dass es sich um eine nachhaltige Option handelt. Auch die Informationsdichte spielt eine Rolle: Zu viel Text verwirrt, zu wenig lässt Fragen offen. Kurze, präzise Hinweise direkt am Produkt helfen, das System zu verstehen. Besonders wirksam sind einfache Symbole oder Icons, die Rückgabemöglichkeiten und Reinigungskomfort signalisieren. Wer zusätzlich mit Bodenaufklebern, Regalwobblern oder digitalen Displays arbeitet, kann Aufmerksamkeit gezielt lenken. Dabei sollte jede Maßnahme auf Wiedererkennung im gesamten Markt abgestimmt sein. Je selbstverständlicher und vertrauter das System wirkt, desto eher greift man danach – ohne lange zu überlegen. Orientierung ist der Schlüssel zur Akzeptanz.

Pfand mit Perspektive: Warum einfache Rückgabestrukturen entscheidend sind

Das Rückgabesystem entscheidet, ob ein Mehrwegbehälter zum Erfolg wird oder im Lager liegen bleibt. Komplexe Abläufe schrecken ab. Wer erst nachfragen muss, wo das Pfandprodukt zurückgegeben werden kann, gibt im Zweifel lieber die Einwegverpackung in den Hausmüll. Rückgabestrukturen müssen also so gestaltet sein, dass sie sich nahtlos in den gewohnten Einkaufsprozess integrieren. Zentral ist ein klar gekennzeichneter Rückgabepunkt – am besten dort, wo auch Leergutautomat oder Einkaufswagen stehen. Zusätzlich sollten Rückgabeoptionen auch ohne Kassenkontakt möglich sein, etwa über separate Stationen mit automatischer Erkennung. Digitale Rückbuchungssysteme per App oder Karte schaffen Transparenz über Pfandbeträge und motivieren zur Wiederverwendung. Je unkomplizierter der Ablauf, desto geringer die Schwelle zur Nutzung. Gleichzeitig lohnt es sich, Personal im Markt gezielt zu schulen, um Rückfragen kompetent und freundlich zu beantworten. Wer das Gefühl hat, mit seinem Mehrwegbehälter Aufwand zu verursachen, wird beim nächsten Mal zögern. Reibungslose Abläufe dagegen stärken das Vertrauen in das System – und machen Mehrweg zur bequemen Routine.

Zwischen Gewohnheit und Haltung: Wie man mit Kommunikation Verhalten ändert

Verbrauchsverhalten folgt meist eingefahrenen Mustern. Selbst wer sich grundsätzlich für Umweltschutz interessiert, greift im Alltag häufig doch zur Einwegverpackung – aus Gewohnheit, Bequemlichkeit oder Unsicherheit. Deshalb braucht es gezielte Kommunikation, die nicht belehrt, sondern motiviert. Plakative Appelle oder abstrakte Umweltdaten bleiben wirkungslos, wenn sie keinen Bezug zum persönlichen Alltag herstellen. Wirksamer sind konkrete Vergleiche: Wieviel CO₂ spart eine Mehrwegschale gegenüber der üblichen Kunststoffverpackung für Lebensmittel? Wie oft kann ein Behälter verwendet werden, bevor er recycelt wird? Wer solche Zahlen verständlich aufbereitet, erzeugt Nähe. Auch Erfahrungsberichte anderer Kundinnen und Kunden wirken stärker als theoretische Vorteile. Storytelling über Plakate, Social Media oder Displays am Regal funktioniert dann, wenn man echte Alltagssituationen zeigt. Zudem ist Sprache entscheidend: Positive Formulierungen wie „Nachfüllen statt Wegwerfen“ oder „Wiederverwenden statt Wegschmeißen“ setzen Reize ohne moralischen Zeigefinger. Kommunikation ist kein einmaliger Akt, sondern Teil eines Systems. Nur wer konsequent und glaubwürdig informiert, beeinflusst langfristig das Verhalten – nicht mit Druck, sondern mit Klarheit.

Pilotprojekte, die wirken: Was man von erfolgreichen Märkten lernen kann

Vielversprechende Ansätze entstehen dort, wo konkrete Erfahrungen gesammelt werden. Einzelne Supermärkte haben es vorgemacht: Wenn ein Mehrwegkonzept funktioniert, liegt das selten an idealistischen Kundengruppen, sondern an präziser Umsetzung. Ein Beispiel ist der gezielte Einsatz standardisierter Mehrwegbehälter für Frischetheken. Märkte, die solche Lösungen eingeführt haben, berichten von hoher Rückgabequote, sobald Pfandhöhe, Rückgabeort und Reinigungssystem aufeinander abgestimmt sind. Andere setzen auf Kooperationen mit regionalen Produzenten, die eigene Gefäße befüllen – was nicht nur Verpackung spart, sondern auch das Vertrauen der Kundschaft stärkt. Erfolgreich sind auch Modelle, bei denen Mehrwegbehälter wie ein Mietsystem funktionieren: Kundinnen und Kunden scannen beim Einkauf, geben beim nächsten Besuch zurück und sehen alle Bewegungen auf dem Kassenzettel oder in der App. Märkte, die solche Modelle öffentlich dokumentieren, erzeugen Transparenz – und laden zur Nachahmung ein. Entscheidend ist, aus Fehlern zu lernen. Wer Pilotprojekte begleitet, sollte Kennzahlen erheben, Rückmeldungen ernst nehmen und Anpassungen zügig umsetzen. So wird Mehrweg vom Testfeld zur stabilen Struktur.